Dienstag, 2. Februar 2016

Fasching

In unserem Rübenkeller stand ein altes Fässchen, das mein Vater beim Stockerwirt jedes Mal für die drei Faschingstage mit Apfelmost füllen ließ. Nun war es längst leer und diese Leere kam mir zustatten. Ich stellte das Fässchen auf den Kopf, zog über den Boden Zwirnsfäden wie Saiten, so dass diese je nach ihrer Länge einen verschiedenen Ton gaben, wenn ich sie mit dem Finger berührte. Da hatte ich ein Saiteninstrument mit dem respektabelsten Resonanzboden. Doch erinnere ich mich nicht mehr, inwiefern ich damit meinen musikalischen Hang ausgebildet habe – ich weiß nur, dass zum nächsten Fasching, als ich unseren tanzlustigen Mägden auf meiner »Harfe« was aufspielen wollte, wieder frischer Most in dem Fässchen war.

Peter Rosegger (1843 - 1918)